Schröder Astrid




Geboren 1962 in Wilhelmshaven (Deutschland)

Vertreten durch die Galerie La Ligne seit 2021

Auswahl von verfügbaren Werken




Née à Wilhelmshaven (Allemagne) en 1962


Représentée par la Galerie La Ligne depuis 2022

Sélection d'oeuvres disponibles




Born 1962 in Wilhelmshaven (Germany)


Represented by the Galerie La Ligne since 2022

Selection of available works

 

Deutsch | Francais | English


Die Faszination des Minimalen
Zu den Arbeiten von Astrid Schröder 1996 - 97

Nach dem aktuellen Status der Malerei zu fragen, ist angesichts des vielfältigen Wachstums der Kunstlandschaft wohl nicht fehl am Platze. Bei oberflächlicher Betrachtungsweise scheint sie – als eine der ältesten Kunstgattungen – am Ende des 20. Jahrhunderts ausgeblüht zu haben. Im Ausstellungsbetrieb wie auch unter den Juryvorschlägen für diverse Ehrungen wird der Anteil an jungen Malern immer seltener. Doch wer genau hinsieht, stellt fest, dass sich dennoch heute aus der Generation der Dreißig- bis Vierzigjährigen voneinander unabhängige Positionen sehr intensiv um das Wesen der Malerei bemühen. Die Frage nach der Innovation (die zu stellen wir uns ja in der erfindungsreichen Geschichte der Moderne und Postmoderne zur Gewohnheit gemacht haben) hat hier keinen Platz; wohl auch nicht die Frage nach der Legitimation des Erbes. Es ist unvermeidbar, an das gewesene anzuknüpfen; Radikalität in Reinform ist in einem Fach, das akute Extreme wie Minimal und gestischen Expressionismus unter vielen anderen Stilrichtungen gleichzeitig anbietet, nicht mehr möglich. Das Verständnis von Malerei definiert sich heute nicht, wie früher, chronologisch (anhand eines Stile - Wechsels), sondern tatsächlich im Sinn des Nebeneinander von Phänomenen etwa einer Landschaft. Der Verpflichtung zum Avantgardistischen durch die immensen Möglichkeiten der neuen bildnerischen Elektronik-Medien enthoben, kann sich die Malerei heute ganz auf sich selbst konzentrieren. Methodik und Einfühlung in die Materie rücken in den Vordergrund. Wer malt, ist bereit zur (Selbst)- Versenkung. Malerei ist kein schnelles Geschäft, und wenn, bedarf sie langer Vorbereitung.

Mit der Ernsthaftigkeit, die diese Vorgaben nahe legen, begegnet Astrid Schröder dem Medium. Aus gestisch und motorisch entstandenen Formen entwickelte sie über einen längeren Zeitraum ihre reduzierte Bildsprache. Es sind Linienbilder, die jede Emotion versagen, die ganz im Zeichen von Methodik und ihrer Wirkung entstanden sind. Die Reduktion, die diese Arbeitsweise dominiert, ist vielleicht etwas wonach sich jeder Maler an mindestens einem Moment seines Werdegangs sehnt. Sich nahe dem Nullpunkt zu bewegen, alles Überflüssige abzusteifen, Malerei aus dem Nichts zu begreifen. Ein Weg der Purifikation, der für viele der Königsweg blieb.

Linie für Linie, immer mit dem gleichen Ansatz ein Bild zu füllen, hat etwas von Meditation. Die Künstlerin arbeitet mit dem Lineal, das parallel wieder und wieder am Bildrand angesetzt wird. Mit diesem Verfahren unterscheidet sie sich von einer älteren Generation, bei der die meditative „Handarbeit“ von Bedeutung war. Doch auch bei ihr dient das Lineal nicht als Präzisionsinstrument: es ist lediglich Hilfsmittel, das immer noch genug Raum für den changierenden Duktus der Hand und des Pinsels lässt. Ging es darum, ein möglichst präzises Linienbild zu erschaffen, gäbe es gewiss bessere Methoden. Doch gerade die Unregelmäßigkeit in der Regelmäßigkeit ist es, auf die es hier ankommt.

Faszination über die Prozesse des Zufälligen ist eine Triebfeder für die Malerin. Die Kalkulation, die mit dem Ordnungsgerüst der horizontalen oder vertikalen Parallelen einhergeht, wird hinfällig durch das nicht steuerbare Mikro - Geschehen, das die manuelle Arbeit auslöst. Beim Ansatz des Pinsels (oder des Bleistifts bei den Zeichnungen) und beim Ziehen der Linie entstehen kleinste Verschiebungen, deren Summe den Gesamteindruck von der Textur des Bildes ausmacht. So treten, etwa bei den im 6-cm-Raster gezogenen Pinselstrichen, nicht nur changierende Farbeffekt auf, sondern auch vertikale Furchen, die an die Willkür von Naturformationen denken lassen. Vergleichbar den Nummernbildern von Roman Opalka, bei denen die langsam abnehmende Sättigung des Pinsels mit Farbe die Bildstruktur rhythmisiert, ist auch bei den Linien dieser Bilder der transparenter werdende Farbverlauf entscheidend. Dramaturgie entsteht durch das Überlappen gesättigter und ungesättigter Farbspuren – besonders in Bildern, in denen die Linien kaskadenartig wie Stimmen eines Kanons gestaffelt sind. Farbmaterie ist dominant, doch die Farbigkeit als solche spielt kaum eine Rolle: die Bilder sind meist in zwei Tönen, hell auf dunkel oder umgekehrt gehalten.

Die Zeichnungen illustrieren die mikroskopischen Vorgänge noch deutlicher. Der Bleistift lügt nicht und verwischt nichts – die Unregelmäßigkeiten von Nahtstellen, Rändern und Textur der linierten Flächen sind beispielhaft für das Individuelle und Zufällige einer Handlung. Bei manchen Serien wird für jedes Blatt eine andere Bleistiftstärke verwendet; wie beim Farbauftrag wird der Materialität des Graphits viel Aufmerksamkeit geschenkt. Das Ergebnis sind Blätter von eigenartiger Schönheit, in denen man lange lesen kann. Mit dem Ziehen einer Linie wird immer eine Richtung angegeben; bei der Multiplikation des Akts entstehen so dynamische Prozesse, die das Wesen dieser Bilder ausmachen. Ob die Bewegung symmetrisch von außen angelegt ist oder ob sie von oben nach unten verläuft: immer erscheint die Konstruktion als ein komplexes ganzes. Manchmal verschmelzen die einzelnen Elemente zu einem flirrenden Teppich, als würde die Bildfläche leicht vibrieren. In anderen Bildern ist das pulsierende, rhythmische Element vorherrschend. Der Vergleich mit einem Musikstück ist nahe liegend: eine abgeschlossene Komposition, bei der einzelne Töne, zu Melodie-Strängen gebündelt, einen Klangteppich erzeugen. In diesem Fall wäre es wohl die eigenartige Schönheit der minimal music, die durch ihre Reduktion etwas sehr Elementares darstellt, solch gleichzeitig das Ergebnis von hoher Sensibilisierung ist.

Barbara Rollmann-Boretty 1997


Öffentliche Sammlungen (Auswahl)

Bayerisches Wirtschaftsministerium München
Bayerische Staatsgemäldesammlung, München
Technische Fachhochschule, Deggendorf
Staatliches Hochbauamt Passau
Grafische Sammlung der Bauten des Bundes in Berlin:
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
Bundesministerium der Justiz
Sammlung, Museen der Stadt Regensburg
Städtische Sammlung der Stadt Regensburg
Staatliches Hochbauamt Passau
Sammlung, Europäisches Patentamt, Den Haag NL
Sammlung, Europäisches Patentamt, München
Sammlung, Bezirk Oberpfalz
Kunstsammlung Allianz SE, München
Kunstsammlungen des Bistums Regensburg
Grafik Fondation Vera Röhm, Lausanne
Pinakothek der Moderne, München
Städtische Sammlung der Stadt Amberg
Forum Konkrete Kunst, Museen der Stadt Jena
Collection Winfried Wuensch, Linz AT